Der Chen-Stil des Taijiquan wurde im 17. Jahrhundert von der Familie Chen aus Chenjiagou entwickelt und über Generationen hinweg hauptsächlich innerhalb der Familie weitergegeben. Seine Entstehung wird Chen Wanting (陈王廷, 1597–1664, 9. Generation, Bild links) zugeschrieben, einem General der Ming-Dynastie.

Nach dem Zerfall dieser Dynastie widmete sich Chen Wanting dem Studium klassischer Texte über die daoistische Lebensphilosophie. Er beschäftigte sich mit der daoistischen Gesundheitslehre, der inneren Alchemie , den alten klassischen chinesischen Texten (z.B. das Yijing) sowie dem Daoyin (Qigong). Er erlangte ein umfassendes und tiefes Wissen, zum einen basierend auf seiner Kampf- und Schlachtfelderfahrung als General, zum anderen basierend auf seinen umfangreichen Recherchen und Untersuchungen zur "inneren Schulung" uralter daoistischen Traditionen. 

Er schuf ein Bewegungs- und Kampfkunstsystem, welches der Grundstein wurde für das uns heute bekannte Taijiquan. Dieses verbindet Elemente der Kampfkunst, bzw. der Selbstverteidigung mit Elementen der inneren Energieführung (dem Qigong) und der daoistischen Gesundheitslehre.
Das entstandene Trainingsystem macht die Qualitäten der polaren Urkräfte von Yin und Yang erfahrbar und im täglichen Leben umsetzbar bzw. anwendbar. Es trainiert den Körper auf besonders effektive wie schonende Weise und dient bei entsprechendem Training der Selbstverteidigung.

Zur Körperhaltung im Chen Stil

Immer wieder wird dem Chen Stil nachgesagt das Taijiquan zu versportlichen und das Hauptaugenmerk auf einen sehr tiefen bzw. breiten Stand zu legen, welcher überlastend für die Knie ist. Dies zeugt eher von Unwissenheit, da es durch die richtige Ausführung genau darum geht, gesunde  und stabile Knie aufzubauen.
Bei richtigem Training geht es u.a. darum, Standhöhe und Standbreite sehr exakt aufeinander abzustimmen. Bei der richtigen Fußbelastung und Kniehaltung baut das Training dann gesunde Gelenkfunktionen auf. 

Das heißt, mit diesem umfangreichen Trainingssystem ist es möglich auf Beschwerden aller Art Einfluss zu nehmen. Dauerhafte Schmerzen (besonders in Knie und Rücken) sind in der Regel ein Zeichen für Fehlhaltungen. Um diese abzubauen, ist ein aufmerksames und kontrolliertes Training notwendig. Übermäßiger Bewegungsfluss sowie große, ausladende Verlagerungen sind dabei zu Beginn eher hinderlich.  Wichtiger ist die geanue Ausrichtung der Skelettstruktur.

Die Knie sollten hinter der Fußspitze bleiben. Das Gewicht tendentiell auf die Ferse, was besonders bei tieferen Stellungen wichtig ist.  Von sehr tiefen Stellungen rate ich zu Beginn des Trainings ab, da die Beinmuskulatur sowie die Beweglichkeit der Hüftgelenke für eine gesunde Belastung meistens nicht ausreichend sind.

Mit der Zeit wird die Ausrichtung der Wirbelsäule einer der wesentlichsten Aspekte des Trainings. Kopfhaltung (HWS) sowie Beckenstellung (LWS) kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Anfangs nur oberflächlich, werden die Körperachsen im Laufe des Trainings immer feiner ausgerichtet. Die vielen kleinen Gelenke der Wirbelsäule (Facettengelenke und Bandscheiben) erhalten deutliche Trainigsreize. Das erreicht man mit bewusster Bewegungsführung bzw. Haltungsausrichtung bei anfangs langsamer Bewegungsführung.

Schreibweise

Die Umschrift der chinesischen Schriftzeichen in eine eurpäische bzw. westliche Schreibweise wird Pinyin genannt. Vor 1958 wurde die Umschrift nach Wade-Giles benutzt (z.B. Tai-Chi). Nach der neuen Umschrift ist die korrekte und international annerkannte Schreibweise: "Taiji". In jedem Fall ist damit das gleiche gemeint. "Tai Chi" ist also lediglich eine ältere Schreibweise. "Taiji" wird oft abkürzend verwendet für: "Taijiquan".

Bedeutung: Tai - Ji (Chi) - Quan

Der Begriff Taijiquan besteht aus 3 Schriftzeichen:
Das Schriftzeichen "Tai" bedeutet weit, breit, tief, groß
Das Schriftzeichen "Ji (Chi)" bedeutet Punkt oder Endpunkt.
Das Schriftzeichen " Quan" steht für Form, Faust, Stil

"Tai" und "Ji (Chi)" zusammen, ergeben die Bedeutung von endlos, genzenlos, "Das höchste Letzte" oder "höchster First". Es ergibt sich eine Bedeutung, die sprachlich nur schwer erfassbar ist. Desshalb wird der Begriff Taiji auch mit dem Symbol des unterteilten Kreises dargestellt, dem Yin und Yang Zeichen.

Der Zusatz "Quan", ist mit "Form", "Stil" u.a. auch als "Faust" zu übersetzen und bezieht sich auf den Aspekt der Bewegung, des Trainings oder des Kämpfens.
Die 3 Teile des Begriffes "Tai", "Ji" (Chi) und "Quan" könnten zusammen die Bedeutung ergeben: "Die allerhöchste Kunst der Faust" oder "mit leerer Faust kämpfen." -> Das Bewegungssysthem des Taijiquan als Medium, das "Höchste Letzte" zu erreichen.

Yin und Yang

eines Version des Yin und Yang Zeichen

Dieses Zeichen beschreibt die polaren Urkräfte des Universums sowie deren Wirkungsweise in der Natur. Die Chinesen bezeichnen Sie mit "Yin" und "Yang". Durch das trainieren von Taijquan versucht man diese Kräfte am eigenen Körper zu verstehen bzw. zu erfahren und in der Kampfkunst anwendbar zu machen: 

"Das weiche besiegt das Harte", "viel Kraft wird mit wenig Mühe neutralisiert", "Kraft steigt hoch und breitet sich aus, sinkt und zieht sich zurück".  "Aus der Ruhe entsteht Bewegung, durch Bewegung kommt man zu Ruhe"

 

hier eine weitere Version

Zitate:" "Taiji" ist ein sehr alter chinesischer Begriff, (höchster First), der das Prinzip des Seins darstellt und offenbart. Als Symbol wird ein mit zwei sich komplementierenden Schichten dargestellter Kreis verwendet. Es stellt den Wandel aller Dinge dar. "
("Die 5 Level des Taijiquans", nach Großmeister Chen Xiao Wang und Jan Silberstorff)

„Es geht um das Erkennen der höheren Ganzheit, die hinter den gegensätzlichen Erscheinungsformen der Welt steht. Durch das Ausüben der asiatischen Kampfkünste wie z.B. Taijiquan wird angestrebt, das sogenannte Tao, die Einheit von Yin und Yang für sich erfahrbar zu machen. Ziel ist das Erkennen, dass hinter den widerstreitenden Gegensätzen eine harmonische Ganzheit steht, ein ordnendes Prinzip.“

weitere Begriffe:

"Wuji" ist mit einem leeren Kreis dargestellt und symbolisiert den Ursprung des Seins, des Taiji, in seiner ursprünglichen, ungeteilten Einheit, dem ewiglichen Absoluten, dem Unwandelbaren.